Du bist gestorben.Ich lebe noch ein bisschen. Dann sterbe ich auch.

Man möchte es kaum glauben, aber es ist wahr. Einige Zeit schon, verbringe ich auf meinem kleinen Turm, der nicht gerade darauf angelegt ist, eine Dauer zu verweilen, höchstens Momente abzuwarten. Hochklettern, kurz nach unten schauen, wippen, kräftiger, voller Schwung hinein treten, um dann den ganzen Körper- samt Geist und Allem- dem Auffangbecken tief unten zuzuführen. Eben Eintauchen! Nicht mehr, nicht weniger.

Ich hingegen, beherrsche es mittlerweile ganz ordentlich, mein Leben auf diesem schmalen Brett zu führen. Auch Freunde kommen mich hin und wieder besuchen, bringen Wein und Nachos mit. Geraucht wird nur im hinteren Teil des Brettes. Aus Rücksicht auf meine kleine Tochter, die um die Zeit schon schläft und in diesem Leben nicht mehr erwachen wird. Sogar Post bekomme ich hier oben, vorwiegend von Ämtern, die Alles und Nichts von mir wissen. Es ist doch nicht sehr rechtschaffen, so zu leben, wie ich es tue. Bei meinem Talent!

So eine große Sehnsucht, ein winziges Stück Himmel abzutrennen und hochzuhalten, in einer Weise, dass es in diesem Moment als das Kostbarste überhaupt erscheint … Nun ich würde ja springen, Ehrenwort, schon für mein Töchterchen, nur … Wissen Sie – ganz im Vertrauen – dort unten ist kein Becken. Nicht mal für Nichtschwimmer. Weit und breit … Nichts. Wie viele Stunden, bei Tag und bei Nacht, mit einem Lied auf den Lippen, oder ins Bodenlose gegrämt, habe ich Ausschau gehalten. Nicht mehr wissend, ob ich mir vielleicht zu viel erwarte, oder mich einfach nicht traue, eine richtige „Arschbombe“ hinzulegen.

Zugegeben, die Muskeln werden schon etwas schlaff hier oben auf meinem Brett, aber da ist auch etwas, was mir Hoffnung macht. Was, wenn es gar nicht darum geht, hinunter zu springen, sondern Fliegen zu lernen … ?

Neben mir schwebt ein Fesselballon und ruft mir zu: „Die Freude, kommt beim Wippen!“

Und dann noch etwas! Ganz in meiner Nähe erspähe ich ein Tor zur Unendlichkeit. Ein kleiner Bahnhof hat sich neben meinem 3m-Brett niedergelassen, ohne dass ich es bisher bemerkt hätte.Ein Zug liegt still da. Er wartet. Wie lange wohl? Er dampft und zischt und flüstert. Eine Stimme, die ich kenne. Von meinem früheren Zuhause. Fortziehen soll ich, in ein Land, das sich mir zeigen wird.

Ich packe meine ganze Liebe ein und mein Kind, das in mir haust und riskier `s.

Für Emily

von Lisa Samia Högg